Bergeinsatz Schweiz, 21.-26.7.14

Das nächste Ziel unserer Reise liegt in der Schweiz und zwar zu einem sogenannten Bergeinsatz. Schon vor längerer Zeit hatte ich mich mal im Internet über Möglichkeiten informiert anderen Menschen zu helfen, mit einer Arbeit die ich gerne tue und ohne das ich dafür horrende Summen ausgeben muss. Damals bin ich auf die Caritas Schweiz gestoßen, die Bergeinsätze für Freiwillige an Bergbauernfamilien vermittelt die entweder in eine Notsituation geraten sind oder die sich einfach in den arbeitsreichen Sommermonaten über jede zupackende Hand freuen.

Diesmal war ich alleine unterwegs. Naja nicht ganz alleine, eine gute Freundin (hallo Susanne) war dabei, aber eben ohne Wolfgang und Henry. Da eine Weltreise ja eigentlich auch den Horizont erweitern soll und man neue Erfahrungen sammelt gehört für mich diese Woche definitiv auch zu unserer Weltreise und damit in diesen Blog.

Wir sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in den Kanton Uri angereist, für viele vielleicht bekannt durch Wilhelm Tell. Dabei haben wir gleich den ersten Kontakt mit dem Postbusfahrer geknüpft. Wir waren nämlich die einzigen (Touristen) die nicht spätestens am Wilhelm Tell Museum ausgestiegen sind, so dass wir gleich erstmal auffielen.
Da der Bergbauernhof auf einer Höhe von 1200 m liegt musste das letzte Stück mit Hilfe einer Luftseilbahn überwunden werden (die Alternative wäre laufen gewesen 🙂 )An der Talstation der Luftseilbahn wurden wir zum Glück von Cornelia und Markus, die junge Familie die wir unterstützen wollten, abgeholt. Die Seilbahn existiert schon seit 1956, arbeitet vollautomatisch und wird mit Jetons betrieben. Vermutlich wären wir hier ohne Unterstützung schon gescheitert 😉

Luftseilbahn, wird auch zum Transport von Kälbern verwendet

Luftseilbahn, wird auch zum Transport von Kälbern verwendet

Ein Wort zu dieser Seilbahn muss ich noch loswerden: Momentan ist eine Straße geplant die die letzten Höfe in diesem Teil erschließt, bzw. es wird auch schon gebaut. Die Straße wäre eine enorme Entlastung für die Familien die hier oben wohnen, sei es um Lebensmittel und Getränke zu transportieren oder um ein Kalb nach oben zu bringen oder damit im Notfall vielleicht auch einfach mal schnell ein Arzt aufgesucht werden kann. Ich betone das hier deswegen extra, da ich zufällig in einem Internetforum auf diese Diskussion gestoßen bin und die meisten Leute dort meinten das der Strassenbau verboten gehört und das die Menschen die da oben wohnen „selber schuld“ sind und doch nach unten ziehen können. Hallo?!?! Vielleicht muss ich hier den einen oder anderen Irrglauben zerstören aber Käse, Milch, Butter, Schinken wird nicht im Supermarkt produziert. Klar gibt es die Seilbahn, nur ist die eben auch anfällig. Wenn es mal stürmt bleibt einem nix anderes übrig als zu laufen. Auch ich habe lieber unverbaute Natur aber anderen Menschen nicht den Luxus zu gönnen den man selber als selbstverständlich sieht ist ganz schön egoistisch. Sorry, aber das musste ich jetzt hier mal loswerden.

Nun aber weiter mit dem Bericht 🙂
Eigentlich sollten wir bei der Heuernte helfen, besser gesagt beim emden, denn nur aus der ersten Maat wird Heu gemacht aus der zweiten das sogenannte Emd. Leider hat das Wetter nicht ganz mitgespielt, dafür hätte es einige Tage schönes, stabiles Wetter gebraucht. In der Woche die wir da waren war es aber eher regnerisch bis wechselhaft. Arbeitslos waren wir deswegen trotzdem nicht und wir konnten dadurch einen Einblick gewinnen welche Arbeit auf so einem Bergbauernhof noch anfällt.

Am ersten Tag haben wir uns Vormittags aufgeteilt, Susanne hat Cornelia im Haushalt und Garten geholfen während ich Markus und seinen Vater zu den Kühen und Kälbern begleitet habe, die auf eine andere Wiese getrieben werden sollten. Trotz Sicherheitsabstand hat es nicht lange gedauert und ich hatte die erste Sch… auf T-Shirt und Hose, ich glaube ich wurde von den Kühen akzeptiert :-).
Zuerst musste ein mobiler Zaun aufgebaut werden bevor wir die Kühe auf die Weide treiben konnten. Eigentlich halb so wild wenn man zu zweit oder dritt ist. Aber alleine läuft man da schon mal schnell einiges an Kilometern. Bis auf ein Kalb das an einer Stelle partout nicht weiter wollte und völlig unbeeindruckt von meinen Rufen und Klatschen auf den Hintern war (das hat bestimmt gespürt das ich keine Ahnung habe 😉 ) ging alles gut und die Kühe waren relativ schnell auf der anderen Weide.
Nachmittags und am nächsten Tag haben wir einen Wintervorrat an Brennholz angelegt, wobei wir hauptsächlich das Holz ins Lager getragen und dort gestapelt haben.

Mittwochs war es erstmals trocken und so ging es auf eine bereits gemähte Wiese, um das Emd zu wenden. Markus meinte hinterher: Wir hätten den Mount Everest vom Schächental bestiegen :-))). Ja, wir müssen ein lustiges Bild abgegeben haben als wir mehr oder weniger auf allen vieren in dem steileren Teil der Wiese herumgekrabbelt sind und schwer beeindruckt davon waren wie flink Markus und sein Vater sich hier bewegen. Zum Glück war aber nur ein kurzes Stück steiler. Trotzdem fanden wir es ziemlich anstrengend fast permanent auf schrägem Gelände zu stehen.
Tags darauf war klar, das ein Teil der Arbeit umsonst war, es regnete wieder und so konnte die Ernte natürlich nicht trocknen.

rechts wurde das Emd gemacht, der obere Abschnitt war unser "Mount Everest" :-)

rechts wurde das Emd gemacht, der obere Abschnitt war unser „Mount Everest“ 🙂

Statt also weiter zu ernten ging es in den Wald um Pfähle für den Zaunbau herzustellen. Damit diese möglichst lange halten und nicht von Ungeziefer befallen werden, müssen die Bäume nach dem fällen entrindet werden. Markus und sein Vater übernahmen den gefährlicheren Teil (fällen, zuschneiden, anspitzen), während Susanne und ich entrindeten und die fertigen Pfähle weggetragen und zum trocknen aufgestellt haben. Ok, ab und zu wurden wir von einem der beiden unterstützt, wenn wir nicht mehr hinterherkamen 🙂 Alles in allem haben wir an diesem Tag zu viert 115 Pfähle fertiggestellt und waren abends auch entsprechend müde. Entrindet habe ich dann noch nachts in meinen Träumen.

jede Menge Pfähle

jede Menge Pfähle

Schmutzfink nach getaner Arbeit :-)

Schmutzfink nach getaner Arbeit 🙂

Freitags war endlich schönes Wetter und so ging es daran Silage zu machen. Hier wird das frisch gemähte Gras ins Silo gefahren und unterliegt dann einem Gärprozess. Um alles gut zusammenzupressen und Lufteinschlüsse zu vermeiden wird das ganze mit einer Wasserblase beschwert. Es war ziemlich ernüchternd wie klein unsere Ausbeute danach war. Erst war das Silo zu ca. 2/3 gefüllt und am nächsten morgen war praktisch nichts mehr da. Ein bisschen emden konnten wir dann auch noch und wir konnten uns davon überzeugen wie praktisch ein Heugebläse ist. Nachdem Markus das Emd vor der Scheune abgeladen hatte habe ich noch gefragt ob es jetzt von alleine in die Scheune fliegt. Irgendwie hat es das dann ja auch fast getan ;-).
An diesem Tag waren wir beide fix und fertig. Man glaubt gar nicht wie anstrengend es sein kann „so ein bisschen“ Gras mit einem Rechen zusammen zu schieben.

das Silo (links) mit Remise (rechtes Gebäude), auf der Wiese dahinter wurde Silage gemacht

das Silo (links) mit Remise (rechtes Gebäude), auf der Wiese dahinter wurde Silage gemacht

Den letzten Tag haben wir dann noch genützt um Ersatzklingen für einen Balkenmäher zu produzieren. Der hier verwendete handgeführte Motormäher kann speziell in Gebieten eingesetzt werden die für schwereres Gerät nicht zugänglich sind (unwegsames Gelände und Hanglage). Das Pflanzenmaterial wird dabei nach dem Scherenprinzip mit Hilfe von 2 Messerschienen (Balken), auf denen mehrere dreiecksförmige Messerklingen angebracht sind geschnitten. Diese einzelnen Messerklingen können aber (z.B. durch Steine) beschädigt werden und müssen dann ausgetauscht werden.
Aus 2 alten, nicht mehr verwendbaren Messern haben wir daher die noch brauchbaren Klingen entfernt. Da die Klingen fest mit der Schiene vernietet sind war dafür eine Flex, eine Bohrmaschiene, ein Fäustel und 4 mehr oder weniger starke Oberarme 🙂 nötig.

Diese dreiecksförmigen Klingen mussten von der Schiene entfernt werden

Diese dreiecksförmigen Klingen mussten von der Schiene entfernt werden

Da fliegen auch schon mal die Funken :-)

Da fliegen auch schon mal die Funken 🙂

Dann eben mit Gewalt ;-)

Dann eben mit Gewalt 😉

Nach einem letzten schönen Abend hieß es am nächsten Tag Abschied nehmen. Mit vielen tollen Eindrücken und viel Respekt und Bewunderung für Cornelia und Markus, die eine wahnsinnige Arbeit leisten, ging es zurück nach Deutschland.

Abendlichter des nächsten größeren Ortes

Abendlichter des nächsten größeren Ortes

Aussicht, wenn es mal aufreißt

Aussicht, wenn es mal aufreißt

nach dem Regen :-)

nach dem Regen 🙂

So lassen sich Pausen genießen

So lassen sich Pausen genießen

Unser nächstes Ziel zum Bergsteigen?

Unser nächstes Ziel zum Bergsteigen?

Das ehemalige Austragshaus für die Eltern, wenn die Kinder den Hof übernahmen

Das ehemalige Austragshaus für die Eltern, wenn die Kinder den Hof übernahmen